EJS-Schließung im Windschatten von Corona durchdrücken? Bitte nicht!
Während der Corona-Krise ist das Thema in den Hintergrund und aus der Aufmerksamkeit gerutscht – aber am Freitag (27.03.) spricht der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland über die Zukunft der EJS. Wir glauben: In diesen Zeiten sollte man keine vorschnellen Entscheidungen treffen, ohne nicht gemeinsam über Konzepte nachgedacht zu haben. Deshalb wenden wir uns nochmals mit einem Brief an die Ratsmitglieder.
Sehr geehrter Herr Bedford-Strohm,
sehr geehrte Mitglieder des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland,
die Corona-Pandemie hat innerhalb weniger Tage unser Leben und unseren Alltag auf den Kopf gestellt. Auch und gerade die Kirche ist mehr denn je gefordert, in diesen Zeiten ihre ganze Kraft und Aufmerksamkeit darauf zu richten, wie sie Wege und Formen finden kann, Menschen in dieser Krise mit Trost und Ermutigung, mit Gebet und Beratung zur Seite zu stehen.
Vor diesem Hintergrund bitten wir Sie:
Vertagen Sie Ihre Entscheidung über die Zukunft der Evangelischen Journalistenschule!
Denn wir glauben, dass dies einer der Sache angemessene Aufmerksamkeit bedarf. Uns liegt nach wie vor sehr daran, gemeinsam mit Ihnen ein gut durchdachtes, tragfähiges Konzept für die EJS zu entwickeln. Geben Sie sich und uns die nötige Zeit dafür.
Ein ökumenisches Konzept für eine Zusammenarbeit mit der Katholischen Journalistenschule (ifp), wie es von Ihnen mehrfach ins Spiel gebracht wurde, stellt für uns keine Lösung dar. Sowohl die Ausbildungsformen als auch die Ausrichtung unterscheiden sich deutlich. Am ifp war die Zugehörigkeit zur römisch-katholischen Kirche bis zum vergangenen Ausbildungsjahrgang Voraussetzung für die Aufnahme
Zu unserem evangelischen Profil gehören hingegen Offenheit und Vielfalt: Bei uns haben junge Menschen aus allen Schichten, aus allen Teilen Deutschlands, unterschiedlicher religiöser Prägung und in unterschiedlichen Lebenssituationen eine Chance. Durch die höhere Altersgrenze finden auch Bewerber:innen mit mehr Berufs- und Lebenserfahrung Platz – und auch solche mit Migrationshintergrund.
Viele unserer Absolvent:innen hätten sich nicht beworben, wäre die EJS stark konfessionell ausgerichtet. Durch die Ausbildung kamen sie dann aber – ohne Druck und dadurch auch ohne Scheu – mit kirchlichen Themen in Berührung, beispielsweise über die Mitarbeit beim Deutschen Evangelischen Kirchentag. So ergeben sich Möglichkeiten, Verständnis für Glaube und Kirche sowie für die gesellschaftliche Bedeutung und Verantwortung der Evangelischen Kirche zu entwickeln. Dieses Verständnis ist gerade in Zeiten sinkender Mitgliederzahlen ein wichtiges Gut für die EKD.
Eine Kooperation auf Augenhöhe wäre mit dem ifp kaum möglich: Das ifp hat 14 Stellen und ein Budget von 1,9 Millionen Euro. Auf diesem Weg ist weder eine Rettung der Schule noch eine gleichberechtigte ökumenische Zusammenarbeit zu erreichen.
Auch eine Einschränkung auf Weiterbildungs- oder sogenannte Volontärskurse ist keine Lösung. Solche Angebote sind wichtig und notwendig, aber sie stellen keine umfassende journalistische Berufsausbildung dar.
Das Volontariat an der EJS dagegen schon: Von den 22 Ausbildungs-Monaten verbringen die Volontär:innen rund die Hälfte der Zeit in sogenannten Lehrredaktionen an der Schule. Hier setzen sie sich intensiv mit Theorie, Ideenentwicklung und gründlichen Recherchemethoden, aber vor allem auch mit medienethischen Fragen auseinander. Raum für Diskussionen und die Problematisierung bestimmter gesellschaftlicher Zustände und Berichtsformate ist ein unerlässlicher Bestandteil der Ausbildung an der EJS und gerade heute besonders nötig.
Mit der Schließung der Evangelischen Journalistenschule verlöre die EKD ein Unterstützer:innenmilieu, das sie so nie wieder bekommen wird. Mehr als 1.500 Unterstützer:innen aus Kirche, Politik und Gesellschaft haben den offenen Brief zur Rettung der EJS unterzeichnet, darunter Dr. Beatrice von Weizsäcker, Dr. Ellen Ueberschär, Deutsche Welle-Chefredakteurin Ines Pohl, taz-Chefredakteur Georg Löwisch, ZEIT ONLINE-Chefredakteur Jochen Wegner, Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt sowie Anne Will, Ingo Zamperoni und Marietta Slomka.
Wir wissen, dass der 14. Jahrgang wegen der Corona-Pandemie derzeit nicht ausgeschrieben werden kann und sich so der Beginn des nächsten Ausbildungsjahrgangs um ein halbes bis ganzes Jahr verschieben wird. Das wollen wir als Chance begreifen, gemeinsam mit der EKD und dem GEP ein tragfähiges Konzept zur finanziellen und inhaltlichen Aufstellung der EJS zu entwickeln, das dann gemeinsam mit einer neuen Leitung umgesetzt wird.
Wir stellen in Frage, dass das GEP mit einer Schließung der EJS tatsächlich die 500.000 Euro jährlich sparen kann, von denen die Rede ist. Nach unseren Informationen fließen rund 90.000 Euro aus diesem Budget als Miete an die EKD zurück, etwa 20.000 Euro werden für die IT-Unterstützung an eine EKD-eigene Einrichtung bezahlt. Auch die Kosten für die Volontärskurse sind in den 500.000 Euro mitgerechnet, die allerdings auch Einnahmen erbringen. Außerdem geht ein Teil dieser 500.000 Euro an das preisgekrönte Projekt Amal, das zu einem Aushängeschild für die EJS und das GEP geworden ist.
Lassen Sie uns gemeinsam dafür einstehen, dass die Evangelische Kirche in vielen Bereichen in unserer Gesellschaft Verantwortung übernimmt. Setzen Sie sich mit uns für den Erhalt der EJS ein – sie tut der Kirche und der Gesellschaft gut! Sie sind mit dieser Schule nicht alleine – ein großes Netzwerk von Alumni und Unterstützer:innen steht hinter dieser Institution. Wir sind auch in Zukunft bereit, uns für die EJS zu engagieren.
Mit freundlichen Grüßen
Der Vorstand des Förder- und Freundeskreises der EJS e.V.
sowie die Initiative EJS Retten